Gewichtsverlust – Untergewicht

Aus ayurvedischer Sicht kann man bei einer Tendenz zu Gewichtsverlust – auch Kachexie genannt – keine Pauschalratschläge geben, da das Thema sehr komplex und ernst zugleich ist. Deshalb wird hier von Experimenten abgeraten.

Bei einem für den oder die Betreffende zunächst nicht erklärbaren Gewichtsverlust – trotz ausreichender Ernährung – müssen zu allererst folgende pathogenetischen Faktoren ausgeschlossen werden:

  1. Konsumierende Erkrankungen, wie zurückliegende oder akute Krebserkrankungen(Malignome) oder Infektionskrankheiten wie Hepatitis, Tbc, AIDS, bakterielle oder Virusinfektionen, Schilddrüsenüberfunktion, parasitäre Erkrankungen(evt. Mit chronischen Durchfällen), Allergien/Intoleranzen oder Autoimmunerkrankungen

  2. Seelische Konflikte, die mit Essstörungen(Bulimie oder Anorexia nervosa) oder chronischer Appetitlosigkeit einhergehen. Auslöser dafür können bestehende oder frühere Eltern-Kind-Konflikte sein, aber auch (frühkindliche) traumatische Erlebnisse, der Verlust von Familienmitgliedern, Lebenspartnern oder engen Freunden sowie pränatale Schocks/Traumen, Liebeskummer, Einsamkeit, Trauer, ständige Sorgen oder auch zu viel geistige Aktivität bzw. Überreizung der Sinne

  3. Langfristiger Konsum von Drogen (Amphetamine, Aufputschmittel), Marihuana, Tabakwaren, Stimulanzien wie Kaffee, schwarzer Tee, Coca Cola, Kakao aber auch regelmäßiger Alkoholkonsum, insbesondere harte Getränke. Langfristiger Drogen- und Alkoholkonsum kann zu einem Nährstoff- bzw. Vitaminmangel führen, insbesondere im Hinblick auf die Vitamine B1, B3und B12. Dieser Mangel wiederum kann zu Gewichtsverlust führen

  4. Die eigene Körper-Geist- Konstitution, das genetische Strickmuster spielt im Grunde meist die Hauptrolle. Die uns innewohnende, unveränderliche Natur (= Prakruti)ist mit dem 18. Lebensjahr feststellbar durch einen Ayurveda-Spezialisten. Er kann den exakten genetischen Code mittels eingehender Pulsdiagnose, Untersuchung und Befragung herausfinden. Ohne eine genaue Benennung der Prakrutieines Menschen zielen allgemeine Ratschläge meist ins Leere und gehen oft am ursprünglichen Thema vorbei.

    Die individuelle Konstitution eines Menschen, der zu Gewichtsverlust neigt, wirft

    sofort ein Licht auf seine potentiellen genetischen Schwachpunkte, seine möglichen Neigungen und Ticks, seine negativen Gedanken- und Gewohnheitsmuster, seine emotionalen Schwächen und seelischen Defizite. Dadurch lässt sich das Problem schneller einkreisen. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass man den Beruf, die Interessen, das soziale Umfeld, das Bewegungsprofil, die Ess- und Schlafgewohnheiten dieses Menschen genauer unter die Lupe nimmt. Meist findet man dann Phasen in der Biografie, wo sich bestimmte schicksalshafte Ereignisse (Unfälle, Jobverlust, Beziehungskonflikte, Todesfälle etc.) auf dramatische Weise verdichten und zu Lebenskrisen oder gar einem Burnout und damit einem psychischen Belastungssyndrom führen können. Das ist dann oftmals der Wendepunkt, an dem eine gesundheitliche Störung(Stoffwechselstörung) ihren Verlauf nimmt.

Untergewicht kann durchaus auch zu einer Krankheit werden

Dies wird jedoch in unserem Kulturkreis nicht als eine solche angesehen. Permanentes Untergewicht oder Gewichtsmangel verursachen langfristig eine Abwehrschwäche, einen Verlust an Vitalität, steigende Nervosität, Unruhe und Schlafstörungen. Folgen davon sind Appetitverlust, Neigung zu depressiver Verstimmung, Unwohlsein und/oder psychischer Labilität. Körperlicher Gewichtsverlust kann auch einhergehen mit dem Abbau von Körpergeweben wie Haar-/Zahnverlust, Knochen- und Gelenkschwäche, Libidoverlust oder ähnliche Anzeichen frühzeitigen Alterns. Eine übertriebene Unterdrückung des Verdauungsfeuers Agni durch langes Fasten, spezielle, zu radikale Diäten können zu einer chronischen Unterversorgung der Körpergewebe führen; genauso wie unregelmäßig zu essen, große Pausen und dann zu viel essen auf einmal, oder zu leichtes Essen(Salate, Rohkost, Kaltes, Aufgewärmtes, Mikrowellennahrung, Sandwiches, Weißmehlprodukte, Kuchen, Fastfood).

Andere Faktoren, die eine Kachexie begünstigen, sind:

Chronischer Stress, Überarbeitung, Schlafdefizit, zu spät ins Bett gehen, regelmäßiger Kaffeekonsum, zu viel Sport, zu viel sexuelle Aktivität(mehr als 1-2 Mal pro Woche insbesonderefür Vata-Typen!)

Was die Ernährung anbelangt, ist bei Untergewichtigen zunächst einmal folgende Feststellung zu machen: Es geht weniger um das Essen als vielmehr um den Esser selbst.

In Indien istder Ayurvedaeine Volksmedizin, die auch als Allgemeinmedizin oder „Kayachikitsa“ bezeichnet wird. ‚Kaya‘ bedeutet ‚Körper‘. ‚Chikitsa‘ bedeutet Behandlung von inneren und äußeren Beschwerden. Doch ‚Kaya‘ bedeutet auch ‚Feuer‘, das Stoffwechselfeuer oder innere Feuer Agni.All die vorgenannten Ursachenfaktoren schwächen dieses Agni.Untergewichtige können sich demnach noch so gut und typgemäß ernähren; wenn ihr Agnizu schwach ist, diese Nahrung zu verdauen, dann werden die essentiellen Nahrungsbestandteile nicht in die Gewebe eingeschleust und zu einem Teil des Gewebes, sondern zu Ama. Ama istunvollständig verdaute Nahrung. So entstehen also vom Körper selbst produzierte Autotoxineinfolge chronischer Verdauungsschwächeund damitein Ballast für den Stoffwechsel.

Untergewichtige welche sich falsch ernähren, behandeln ihr geschwächtes inneres Feuer wie wenn man frisch geschnittene Zweige und grüne Blätter auf ein Feuer wirft. Die Flammen werden erstickt und das Feuer beginnt zu schwelen, aber nichts verascht mehr richtig. Untergewichtige welche typgemäß und nahrhaft essen, um vermeintlich wieder Gewicht aufzubauen, versuchen– im übertragenen Sinne – mit einem Feuerzeug Holzscheite aus Buche oderEiche anzuzünden.Hier kommt nicht einmal der Verbrennungsvorgang zustande, da das Feuer nicht die Stärke und Brennkraft hat. Der Ansatz vonKayachikitsa wäre, Maßnahmen zu ergreifen, durch spezielle, die Verdauungskraft und dasAgni anregendeArzneien und tonisierende Kräutermischungen das Feuer wieder zuentfachen. Hier wird dann eine gezielte, auf die individuelle Konstitution und Verdauungskraft abgestimmte Ernährungsberatung sehr effektiv sein. Auch spezielle Yogaübungen und Heilrituale können hierbei sehr hilfreich sein, um Körper, Sinne und Geist wieder in Harmonie mit den zirkadianen Rhythmen zu bringen. Gleichzeitig geht es darum, die Ursachenfaktoren zu eliminieren, Fehlverhalten zu korrigieren und gesundheitsfördernde, die innere Natur unterstützende Gewohnheiten zu kultivieren. Dies muss je nach Konstitution individuell erfolgen, denn jeder Konstitutionstyp hat seine spezifische, innewohnendeStoffwechselkraft, die berücksichtigt werden muss.

Schlussgedanke

Somit ist hoffentlich ein wenig klar geworden, warum Pauschalempfehlungen bei ernsthafteren Störungen oder gar Krankheiten nicht zielführend sind.

Außerdem muss man sagen, dass der Ayurveda nach wie vor keine im Westen wissenschaftlich anerkannte Heilmethode ist. Somit hat er eine Menge an Seriosität und Ruf zu verlieren, gerade, wenn man hier einfach mit, zwar gut gemeinten, aber doch allgemeinen Hausrezepten herumzudoktern versucht. Viele Interessierte wenden sich dann möglicherweise wieder entmutigt ab und halten den Ayurveda folgerichtig für eine wirkungslose Medizin.

Suchen Sie deshalb bei Interesse lieber einen Ayurvedaarzt in Ihrer Umgebung auf und klären Sie Ihre persönlichen Beschwerden direkt mit ihm ab.

Vergessen Sie eines nicht:

Aus ganzheitlicher Sicht ist eine Krankheit ein falsch eingeschlagener Lebensweg, der zu einem bestimmten „Zielpunkt“ , z.B. namens „Kachexie“, führt. Doch so wie es auf einen Berggipfel verschiedene Routen gibt, so verhält es auch mit einer Krankheit. Jede Krankheit ist ein ganz individueller Prozess von Entscheidungen, Unterlassungen und Fehlurteilen. Somit kommt es im Ayurveda nicht selten vor, dass beispielsweise 10 Rheumatiker zehn verschiedene Therapiepläne bekommen, die eben auf ihre ganz individuelle Natur, Lebenssituation und Befindlichkeit abgestimmt sind.

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